Sind KPIs im PR-Bereich überhaupt aussagekräftig?
Fast 90 % der von uns im Rahmen unserer aktuellsten Marktstudie mit dem Titel "Zukunft der PR" befragten PR-Schaffenden nutzen die vielfältigen Dienstleistungen eines Medienbeobachters. Grund genug für uns mit Uwe Mommert, einem der Gründer von Landau Media, über die Entwicklung dieser Branche in den vergangenen 24 Jahren seit der Entstehung des größten deutschen Medienbeobachters zu sprechen. Dabei hat er uns verraten, wie die Anfänge der Medienbeobachtung aussahen, in welchen Zukunfts-Trends er großes Potenzial sieht und wie man die Ergebnisse der PR-Arbeit möglichst aussagekräftig messen kann. Wir haben die spannendsten Insights für euch zusammengefasst:
Du hast Landau Media vor 24 Jahren zusammen mit deinen beiden Mitgründern gegründet. Wie sah damals Medienbeobachtung aus? Wie hat es technisch funktioniert?
Zu dieser Zeit gab es noch keine Online-Magazine. Das heißt, alle gedruckten Zeitungen mussten von Rechercheuren gelesen werden, um die gewünschten Erwähnungen zu finden. Diesen Prozess haben wir mit einer sehr fortschrittlichen Technologie unterstützt. So konnten die Rechercheure in einer Datenbank überprüfen, ob ein Artikel, den sie gefunden hatten, relevant für die Medienbeobachtung war. In unserer Software wurden alle Kunden aufgelistet, für die die Rechercheure Clippings finden sollten. Dadurch wurden Kundenlisten oder Karteikarten mit relevanten Suchbegriffen ersetzt.
Nachdem ein Rechercheur dann eine solch relevante Medienbeobachtung in einer Zeitung gefunden hatte, wurde diese markiert. Die Zeitung wurde dann zum Ausschneiden weitergeleitet, wo das Clipping auf ein Medienblatt aufgeklebt und mit der Post verschickt wurde.
Der Prozess war also weiterhin von sehr großem manuellem Aufwand geprägt. Dennoch konnten wir durch diese einfache Maßnahme die Prozesse deutlich effizienter gestalten.
Haben PR-Manager/innen auch damals schon den Wert ihrer Arbeit mit relevanten KPIs gemessen?
Selbstverständlich wurden auch vor über 20 Jahren schon Medienanalysen mit verschiedenen KPIs durchgeführt. Dafür wurde der gefundene Artikel zu einem Kodierer weitergeleitet, der dann den Text auf bestimmt Schlagworte untersucht hat. Dabei wurde geprüft, ob zum Beispiel Produkte oder Personen genannt wurden. Diese Ergebnisse wurden dann zusammen mit Reichweiten und Anzeigenpreisen in einer Datenbank festgehalten, um diese später dem Kunden bereitstellen zu können.
Zu dieser Zeit waren Medienanalysen allerdings noch deutlich entschleunigter als heute. Denn es gab nur Print-Medien, die maximal täglich erschienen sind. Daher entwickelten sich beispielsweise Shitstorms sehr viel langsamer und es blieb mehr Zeit auf solch negative Nachrichten als Unternehmen zu reagieren. Daher mussten auch die entsprechenden KPIs nicht so schnell zur Verfügung stehen, wie das heute der Fall ist.
Grundsätzlich wurden damals vor allem Medienanalysen aus Rechtfertigungsgründen erstellt, sodass PR-Manager/innen ihren Kunden zeigen konnten, wie viele Konsumenten durch deren Arbeit erreicht wurden.
Steuernde Medienanalysen, die zeigen, ob die gewünschten Botschaften auch tatsächlich übermittelt wurden, werden heute deutlich mehr genutzt.
Hast du das Gefühl, dass PR heute deutlich datengetriebener funktioniert als noch vor 20 Jahren?
Nicht in allen Bereichen. In der klassischen PR für den Print-Bereich hat sich in Bezug auf die Daten kaum etwas verändert, da heute nicht wesentlich mehr Daten zu Verfügung stehen als noch vor 20 Jahren.
In den Bereichen Online und Social Media hingegen ist die Öffentlichkeitsarbeit deutlich datengetriebener geworden, da in diesen Bereichen enorme Datenmengen zur Verfügung stehen, welche genutzt werden können, um die Kommunikation zu optimieren.
Auch wenn die Anzahl der Kennzahlen im Bereich Print nicht größer geworden ist, werden sie heute von mehr Unternehmen genutzt, da deren Generierung effizienter und preiswerter geworden ist. Das liegt vor allem an der zunehmenden technologischen Unterstützung in der Medienbeobachtung. So können Computer nach der Erwähnung von definierten Keywords suchen oder die Tonalität eines Artikels beurteilen. Selbstverständlich sind diese Auswertungen noch nicht perfekt, aber dennoch eine enorme Erleichterung.
Ich denke nicht, dass Maschinen allein die Medienbeobachtung übernehmen könnten. Sie sind in der Lage Menschen bei ihren Aufgaben zu unterstützen, da sie zum Beispiel inhaltsgleiche Artikel zusammenfassen oder das Internet nach der Erwähnung bestimmter Themen absuchen können. Jedoch wird am Ende stets der Blick eines Mitarbeiters benötigt – gerade dann, wenn beispielsweise die Modemarke „Mango“ einen Suchauftrag erstellt. Hier kann die Maschine nur sehr schwer relevante Inhalte herausfiltern.
Die KPIs, die heute für die Evaluation von Online-PR zur Verfügung stehen, basieren weitestgehend auf Schätzungen und Hochrechnungen. Bist du der Meinung, dass diese aussagekräftig sind oder siehst du hier noch Entwicklungspotenzial?
Entwicklungspotenzial sehe ich in diesem Bereich auf jeden Fall, da die Betreiber der Webseiten deutlich mehr Daten zur Verfügung stellen könnten, als sie das aktuell tun. Allerdings ist dies auch mit der Höhe von Werbepreisen verbunden. Denn kein Anbieter möchte zugeben, dass beispielsweise in der Wissenschaftsrubrik nur ein Bruchteil der User landet. Deshalb denke ich, dass wir uns hier noch lange Zeit mit gewissen Mechanismen behelfen müssen, die dafür sorgen, dass die Zahlen zumindest vergleichbar werden.
Dabei kann man die gesamte Reichweite auf die durchschnittliche Leserschaft eines Artikels herunter brechen, wobei man beachten muss, dass ein Beitrag in der Regel nur zwei bis drei Tage nach dessen Veröffentlichung überhaupt gelesen wird. Dennoch muss man immer im Hinterkopf behalten, dass die Daten in diesem Bereich nicht exakt sind.
Möchte man also tatsächlich den Erfolg von PR-Arbeit messen, müsste man die Medienanalyse mit Medienresonanz und Meinungsforschung kombinieren, was allerdings sehr teuer ist.
Trotzdem kann man grundsätzlich davon ausgehen, dass eine Marke in reichweitenstarken Mediendeutlich eher wahrgenommen wurde. Eine exakte Wissenschaft wird die Medienanalyse nie sein, aber dadurch bleibt die PR-Arbeit kreativ, da man immer wieder neue Wege finden muss die Konsumenten zu erreichen.
Was hat sich in Bezug auf die Medienbeobachtung in den vergangenen 24 Jahren am meisten verändert?
Das sind wohl dieselben Faktoren, die auch die PR an sich verändert haben: Die Vielzahl an Kanälen, die man heute bespielen kann. Auch die Fülle von Content-Arten, also von Fotos über Videos bis hin zu reinen Audio-Formaten ist heute alles möglich in der Kommunikationsarbeit. Dabei besteht die Herausforderung vor allem darin herauszufinden, wo sich die gewünschte Zielgruppe aufhält und mit welchen Formaten sie am besten angesprochen werden kann.
Wie könnte Medienbeobachtung in Zukunft aussehen? Welche Trends gibt es und wo denkst du, wird die Reise hingehen?
Ich denke, dass sich grundsätzlich der Print-Bereich deutlich reduzieren wird und wir damit weniger Papier auszuwerten haben werden. Denn gedruckte Zeitungen und Zeitschriften sind auf lange Sicht nicht das richtige Medium, um tagesaktuelle Nachrichten zu verbreiten. Wenn diese endlich gelesen werden können, sind die Nachrichten bereits alt und über das Internet in der gesamten Bevölkerung verteilt.
Es ist einfach anachronistisch zu versuchen, aktuelle Nachrichten auf Papier zu drucken und über irgendeine wie auch immer geartete Logistik zeitnah an den Menschen zu bringen. Das ist nichtmehr sinnvoll.
Wochen- oder Monatsausgaben sowie Fachzeitschriften hingegen werden meiner Meinung nach auch weiterhin Bestand haben. Hier können sich die Journalisten tiefer mit gewissen Themen beschäftigen und Hintergrundgeschichten liefern. Diese müssen nicht tagesaktuell sein und werden deshalb auch in Zukunft konsumiert werden.
Als Experte für Medienbeobachtung hast du immer alle Kanäle und Inhalte im Blick. Sind dabei aktuell Trends zu erkennen? Welche Kanäle werden in Zukunft wichtig sein? Welche PR-Inhalte sprechen Leser besonders an?
Einen Trend, den ich persönlich sehr spannend finde, ist die Bewegung hin zu Audio-Formaten.
Diese Entwicklung findet sehr zeitverzögert statt. Denn Podcasts sind fast so alt wie ich und waren eines der ersten Formate, das auch digital sehr gut übertragbar war. Doch erst jetzt haben diese Formate einen echten Durchbruch erreicht. Doch welche weiteren Kanäle und Apps rund um dieses Thema entstehen werden, ist schwer zu sagen. Ein Beispiel war Clubhouse: Sie haben den Audio-Trend aufgegriffen. Allerdings war der Hype darum nur von sehr kurzer Dauer.
Ein zweiter Trend sind immer kürzer werdende Videos. Das ist jedoch auch kein neuer Trend. TikTok oder Instagram haben dieses Feature bereits seit einiger Zeit sehr erfolgreich eingeführt. Zudem wird das Format von immer mehr sozialen Plattformen übernommen.
Inhalte werden zunehmend gemeinsam digital konsumiert. So können beispielsweise Fußballspiele in Gruppenangeschaut werden, obwohl jeder zuhause ist. Dies ist ein Trend, der wohl aus der Corona-Pandemie hervorgegangen ist, als wir uns daran gewöhnt haben, soziale Interaktion nur noch online stattfinden zu lassen. Wie man diesen Trend jedoch für die PR-Arbeit nutzen kann, müssen PR-Schaffende noch herausfinden.
Weitere interessante Insights zur Arbeitsweise von PR-Manager/innen in der DACH-Region, der aktuellen Digitalisierung und vielversprechenden Zukunftstrends findest du in unserer neusten Marktstudie. Diese kannst du hier kostenlos herunterladen:
Uwe Mommert
Geschäftsführender Gesellschafter von Landau Media
Gemeinsam mit seinen Partnern Michael Busch und Lothar Landau gründete Uwe Mommert 1997 Landau Media. Heute ist Landau Media einer der führenden Anbieter von Medienbeobachtung und Media Intelligence Services im DACH-Raum. Im Unternehmen kümmert er sich um Beratung, Sales und Marketing und weckt die Begeisterung für neue Projekte.